Jetzt erstmal duschen und dann gemütlich ins Bett kuscheln, waren im Moment meine einzigen Gedanken. Nach einem anstrengenden Tag mit Training und einigen Stunden arbeiten und dann noch bisschen basteln in der Werkstatt, war eine schöne angenehme dusche genau das richtige. Weshalb ich schnell in unsere Hütte ging und meine Duschsachen schnappte. Eigentlich brauchte ich nichts weiter, außer einem Handtuch, Shampoo, Duschgel und einer Bürste, sowie ein paar frischen Shorts und einem sauberen T-shirt. Damit ausgerüstet machte ich mich auf den Weg zu den Duschhäusern.
Dort angekommen sprang ich schnell unter die Dusche und wusch mich. Tat das gut, wieder frisch, sauber und wohl riechend zu sein. Danach machte ich mich wieder auf den Rückweg zurück zu meiner Hütte. Mittlerweile war es auch schon leicht dämmrig geworden und die Sonne war gerade am unter gehen. Was vorallem mit dem mehr im Hintergrund ein echt schönes Bild abgab. Wenn die Sonne sich als glutroter Ball im Meer versenkte. Natürlich tat sie das nicht wirklich. Genauso wie sie auch nicht wirklich ein feuriger Ball war, sondern der schicke Schlitten Apollos, der den guten Helios irgendwann mal vor einigen tausend Jahren abgelöst hatte.
Als ich auf die Hepaistos Hütte zu ging, sah ich das innen drin Licht brannte. Also musste eins meiner Geschwister in der zwischen Zeit, während ich duschen war, wieder zurück gekommen sein und sich im Moment in der Hütte aufhalten. Ich war mal gespannt, wer von den beiden es war. Aber um auf die Antwort zu meiner Frage zu kommen, musste ich die Hütte wieder betreten. Darum stieg ich über die kleine Veranda und öffnete die Tür zur Hütte. Drinnen wieder angekommen, konnte ich erstmal niemanden sehen, nur das die Lampen brannte. Darum räumte ich erstmal meine Sachen wieder weg.

Ich lag in meinem Bett, eingekuschelt in meine Kisssen und las ein Buch. Es war ziemlich spannend, doch irgendwie verlor sich der Autor in zu detaillierten Beschreibungen der Umgebung, sodass es mir schon bald langweilig wurde. Also beschloss ich, mich wieder einmal am Zeichnen zu versuchen. Ich liebte das Zeichnen, doch ich war wirklich nicht besonders gut darin. Aber es hiess ja, dass Übung den Meister macht, also hatte ich doch irgendwie noch Hoffnung, dass ich eines Tages ein halbwegs anständiges Gemälde zustande bringen würde. Wir würden ja sehen.
Nach ungefähr einer halben Stunde liess ich mich erschöpft in mein Bett zurückfallen. Mein "Gemälde" - sofern man es so nennen konnte - war fertig. Dann kniff ich meine Augen zusammen. Moment - ich hatte eine sonnige, schöne Landschaft malen wollen - genau wie diejenige im Buch. Doch statt einer schönen Wiese mit Bäumen und üppiger Vegetation sah ich eine kalte, düstere Einöde mit kahlen Bäumen. Die Bäume sahen einigermassen realistisch aus, doch am Rest musste ich noch arbeiten. Was mir jedoch mehr Sorgen machte, war die Tatsache, dass ich das überhaupt gemalt hatte.
Ich fuhr zusammen. Die Tür hatte sich geöffnet. Irgendwie machte mir das Angst, besonders weil ich ein solch grauenhaftes Bild gemalt hatte. Es konnte nur Aiden sein - oder ein böser Geist, was ich nicht glaubte - denn Zac war unterwegs, wie er mir erklärt hatte. Eigentlich hatte ich mir einen Abend allein erhofft, doch das konnte ich jetzt wohl knicken. Nicht, dass ich Aiden nicht mochte - ich war nur lieber alleine, denn so konnte ich niemanden verletzen. Nervös sass ich in meinem Bett und fragte mich, ob Aiden wohl nachsehen würde, was ich gerade machte.

Nachdem ich meine Sachen weggeräumt hatte bzw. zum trocknen aufgehängt oder in die Wäsche getan hatte. Drehte ich mich wieder zur innen Seite der Hütte um. Und bemerkte Zoe, die leicht verschrocken in ihrem Bett sahs. "Oh, hab ich dich erschreckt? Das war jetzt nicht meine Absicht. Hab dich auch überhaupt nicht gesehen,"fragte ich sie dann leicht besorgt. Irgendwie schien sie mir heute etwas durch den Wind. Ich weiß auch nicht ob das nur so ein Gefühl war oder ob ich mir das einfach nur einbildete. Ich hatte sie auch in den letzten Tagen kaum gesehen, da entweder sie oder ich schon geschlafen hatten, wenn der andere abends in die Hütte kam. Und morgens musste ich immer ziemlich früh aufstehen, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Dann stand ich eigentlich immer sehr leise auf um sie nicht zu wecken. Weshalb ich nicht beurteilen konnte, ob sie schon länger etwas durch einander war oder ob das heute eine Ausnahme war. Außerdem schien es mir auch, wie als wenn ich sie bei etwas verbotenem erwischt hätte. Dabei sah es jetzt nicht so aus als hätte sie etwas verbotenes getan. Es schien mir eher als hätte sie gelesen und dem Papier und den Stiften zufolge auch ein bisschen gezeichnet, was mich ein bisschen erstaunte.

,,Nein, nein", beruhigte ich Aiden.,,Alles klar. Ich bin nur ein wenig schreckhaft." Ich lächelte ihn an.,,Wo warst du?", erkundigte ich mich dann und erhob mich. Dann zog ich mir ein Jackett an und überlegte mir, ein wenig spazieren zu gehen. Seltsam...wieso dachte ich jetzt ans Spazieren? Hatte es etwas mit dem Bild zu tun, das ich eben erst gemalt hatte? Und wieso hatte ich dies getan?
,,Aiden...", meinte ich dann zögernd, und war wirklich drauf und dran, ihm zu erzählen und zu zeigen, was ich gemalt hatte. Ihn um Rat fragen, und bitten, mir zu helfen, herauszufinden, was das alles zu bedeuten hatte. Doch in der letzten Sekunde konnte ich mich noch zurückhalten. Nein. Zuerst musste ich selber herausfinden, was los war. Dann beschloss ich, spazieren zu gehen. Ich packte meine Tasche, etwas zu trinken und dann wandte ich mir zur Tür.

Es beruhigte mich ein bisschen, als sie meine Frage ob ich sie erschreckt hätte verneinte. Etwas schreckhaft? Sonst war sie doch auch nicht so. Warum dann ausgerechnet heute? "Ich war schnell duschen," beantwortetet ich dann Zoe´s Frage wo ich gewesen war. Allerdings stand sie dann auf und zog sich eine Jacke an. Was war heute nur los mit ihr? fragte ich mich im stillen. Mein Verdacht verstärkte sich jetzt noch mehr, das etwas nicht stimmte. Vorallem nachdem sie gemeint hatte das sie etwas schreckhaft wäre. Meine Alarmglocken schlugen noch mehr an, als sie mich ansprach, aber nicht weiter redete, wie als wenn sie mir etwas erzählen wollte, es sich dann aber anders überlegt hätte. Außerdem fing sie an sich Sachen zusammen zupacken, wie als wenn sie länger weg gehen wollte. "Ja, Zoe, was ist los?" fragte ich darauf hin. Was mich dazu veranlasste, mir einen Pulli aus dem Schrank zu holen. In dem Zustand wie sie gerade war, wollte ich sie auf keinen Fall einfach so draußen herum laufen lassen. Zudem ich das Gefühlt hatte sie bräuchte dringend jemanden zum reden, wenn ich jetzt gleich dann spätestens, wenn wir ein bisschen unterwegs waren. "Was hast du jetzt vor? Du willst doch nicht etwa jetzt nochmal alleine raus gehen?" fragte ich sie dann etwas besorgt.

,,Alles okay", erwiderte ich und lächelte.,,Ich brauch nur etwas frische Luft - wahrscheinlich habe ich ein wenig zu viel gegessen." Ich versuchte, mein "Alles-ist-in-Ordnung"-Lächeln aufzusetzen - aber ich wusste, dass ich ihn damit nicht täuschen konnte. Er kannte mich einfach viel zu gut dafür, und genau das war auch der Grund, weshalb ich so schnell wie möglich hier rausmusste. Ansonsten würde er mich bis ins Detail verhören wollen, um herauszufinden, was mich bedrückte. Wollte ich das etwa? Nein, das definitiv nicht. Ich hatte ein Problem, ich konnte es lösen. Das war meistens so bei Maschinen: Jedes Problem konnte behoben werden, man musste nur in Erfahrung bringen, wie. Also war mein nächstes Ziel ein erholsamer, nachdenklicher Spaziergang um den See herum. Vielleicht würde ich dort eine Art Erleuchtung oder wenigstens einen halbwegs intelligenten Gedanken bekommen. Und wenn nicht - dann eben nicht. Aber was glasklar war, dass ich Aiden nichts davon erzählen würde. Ich wollte wirklich nicht, dass er sich Sorgen um mich machte.

Ihr alles okay, beruhigte mich ganz und gar nicht. Genauso wenig wie ihre Ausrede, warum sie raus gehen wollte. Irgendetwas war los und sie hatte ganz und gar keine Lust es mir zusagen. Deshalb versuchte sie mich mit einem möglichst guten Gesicht davon zu überzeugen. Was ihr aber nicht gelang, da ich genau wusste, wenn sie dieses Gesicht aufsetzte, war irgendetwas los. Und mein Beschützerinsikt war angesprungen. Darum würde ich auch erstmal nicht locker lassen, bis sie mir gesagt hatte, was los war. Zur Not würde ich ihr einfach hinterher gehen. Den so würde ich sie sowieso nicht alleine vor die Türe lassen. Das erlaubte mir auch mein Verantwortungsbewusstsein für sie nicht. "Und das soll ich dir jetzt glauben?" fragte ich sie dann und sah sie dabei scharf an. Das einzige Problem war jetzt der Zwiespalt in dem ich mich befand. Sollte ich sie gehen lassen und ihr dann gegebenenfalls folgen. Oder wäre es schlauer sie dazu zubringen hier zu bleiben und sie zum reden zubringen. Das war wirklich keine leichte Entscheidung. Vorallem weil ich sie JETZT treffen musste. Im nächsten Moment könnte es schon zu spät sein, auch wenn es jetzt hoffentlich nicht gerade um Leben und Tod ging. Darum fragte ich sie:"Du glaubst doch nicht wirklich, das ich dich jetzt noch alleine und so durch den Wind noch nach draußen gehen lassen?"

,,Ja, bitte", antwortete ich ihm.,,Du solltest mir glauben, wirklich. Mir geht es gut." Ich liebte ihn, meinen Bruder - doch andererseits mochte ich es überhaupt nicht, wenn er den Beschützertyp spielte. Ich hasste es sogar regelrecht. Es war furchtbar nervig - genauso nervig wie auch süss. Momentan jedoch war ich viel zu genervt als dass ich mich darauf konzentrieren konnte, wie sehr ich ihn mochte.
,,Und doch", fügte ich dann hinzu.,,Eigentlich glaube ich das. Wenn du ein so grosses Problem damit hast, komm doch mit." Ich warf ihm ein leicht genervtes Lächeln zu. Was war nur los mit mir? Ich war nie so unhöflich, und schon gar nicht gegenüber meiner Familie, insbesondere Aiden. Komisch...Ich brauchte wirklich dringlichst frische Luft und Zeit zum Nachdenken. Hoffentlich liess er mich nach draussen.

Meine Vermutung erhärtete sich immer mehr. Irgendwas war los. Aber sie wäre wahrscheinlich früher oder später bereit sich mir anzuvertrauen. Das merkte ich, als sie mehr oder weniger genervt meinte, das ich doch mitkommen sollte, wenn ich sie nicht alleine gehen lassen würde. Ich ging zum schein auf ihre Bitte ihr zu glauben ein und meinte deshalb:"Na gut, dann glaube ich dir das mal, das es dir gut geht." Auch wenn ich mir fast sicher war, das sie mich genauso durchschaute, wie ich sie. Dafür kannten wir uns einfach zu gut. Aber ich wusste das ich mich auf sie verlassen konnte, genauso wie ich für sie bereit war durchs Feuer zu gehen. Darum kümmerte es mich umso mehr, das irgendetwas los war, das sie bedrückte und dafür sorgte das sie so komplett durch den Wind war. Darum würde ich mich auch von nichts auf der Welt anbringen lassen sie zu begleiten. Darum sagte ich:"Ich kann dir zwar nicht verbieten raus zugehen und davon abhalten kann ich dich auch nicht. Aber ich werde dich nicht alleine gehen lassen." Mit diesen Worten zog ich ein paar ordentliche Schuhe an, mit denen man auch längere Zeit laufen gehen konnte. Nicht so wie die bequemen Schlappen mit denen ich zum duschen unterwegs war. Die zog ich eigentlich nur für sollche Gegenheiten an, wenn ich kurz nach draußen wollte und jetzt nicht gerade eine Abendwanderung machen wollte.

Ich verdrehte leicht die Augen, nachdem ich meinen Kopf abgewandt hatte. Dann nahm ich eine meiner Mützen, meinen Mantel und meinen Schal. Schnell schlüpfte ich auch noch in meine Schuhe hinein. Dann wartete ich, bis Aiden fertig war. Ich beobachtete ihn, während er sich bereit machte. Er war ein so toller, liebevoller Bruder. Er kümmerte sich immer um jeden, ganz egal, um wen es sich handelte, und was für Probleme derjenige hatte. Ich war ihm dankbar, extrem dankbar. Aber andererseits wollte ich nicht, dass er mich irgendwie wie sein Kind behandelte. Ich wusste, dass er das nicht vorhatte. Doch trotzdem wirkte es auf irgendeine Art und Weise genau so.
,,Okay", willigte ich dann ein.

Nachdem ich die Schuhe an hatte, schnappte ich mir noch schnell einen der modifizierten Dolche die aussahen wie Kleinigkeiten die man so in der Hosentasche mit sich rum trug. Sicher ist sicher. Nicht das ich eine Waffe brauchte und dann keine hatte. Danach war ich aufbruchbereit. Ich sah auch das Zoë schon fertig war und auf mich wartete. Ihr leicht entnervtes okay, als Zustimmung das ich mit gehen konnte, sorgte auch nicht weiter dafür das ich beruhigter wurde. Aber das konnte ich jetzt sowieso nicht mehr ändern. "Ich bin dann soweit," informierte ich sie darüber das ich los konnte. Hoffentlich würde der Spaziergang zu dem dringend notwendigen Gespräch führen, das nicht nur mir sondern auch ihr Erleichterung und hoffentlich eine Lösung brachte. Denn dann würden wir beide heute Nacht definitiv besser und beruhigt schlafen.

,,Prima", meinte ich mit gespielter Freude und machte dann auf dem Absatz kehrt. Ich machte mich auf den Weg nach draussen, knipste unterwegs das Licht aus und dann stand ich vor der Tür. Aiden folgte mir und blieb hinter mir stehen, als ich abrupt stoppte. Ruhig atmete ich die kühle Nachtluft ein. Das tat mir gut und irgendwie beruhigte es mich sogar. Seltsam, aber solange es half, würde ich mich nicht beschweren. Allerdings hatte ich auch Angst. Angst davor, was mit mir los war, und Angst davor, was ich tun würde, wenn ich es herausfand. Was passieren würde, wenn Aiden es herausfand. Was, wenn er mich dann nicht mehr mögen würde? Sofort war ich wieder angespannt und versuchte, nicht wegzurennen. Einer meiner bestausgeprägten Instikte war es, einfach wegzulaufen. Mich in Sicherheit zu bringen. Doch dieses Mal musste ich stehenbleiben und mich dem stellen, was auf mich zukam.

Zoë schien wenig begeistert zu sein. Aber das konnte ich jetzt erstmal auch nicht ändern. Ich hoffte nur, das ich es nachher schaffen würde sie zu beruhigen und mich ihres Problems oder was auch immer los war anzunehmen. Ich lief nur erstmal fast in Zoë hinein, als sie kurz hinter der Türe stehen bliebt und erstmal tief durch atmete. Danach schien sie sich aber merklich etwas zu beruhigen. Was dafür sorgte das ich mir ein bisschen weniger Sorgen um sie machte. Trotzdem machte ich mir noch genug Sorgen um sie und nicht sofort eine Kehrtwende zu machen und wieder in der Hütte zu verschwinden. So leicht würde sie mich nicht los und täuschen konnte sie mich auch nicht. Dafür kann ich sie einfach zu gut und zu lange. Darum wartete ich einfach ab, was sie als nächstes tun würde und wohin sie sich zum laufen wenden würde.

,,Kommst du?", erkundigte ich mich, nachdem ich meinen Kopf zu Aiden gedreht hatte. Insgeheim hoffte ich, dass er sich dagegen wehrte, und trotzdem in der Hütte blieb, obwohl ich haargenau wusste, dass er mich nicht alleine gehen lassen würde. Auf eine sehr kuriose Art und Weise war ich froh darüber, dass er auf mich aufpasste. Alleine durch den Wald zu laufen konnte manchmal schon ein wenig gruselig sein, selbst für eine fast 19-jährige Halbgöttin.
Ich musste mich beruhigen, denn wenn Aiden erst einmal anfangen würde, mich auszufragen, würde ich keine Chance mehr haben, seinen Fragen zu entgehen. Er tat es nicht so, dass man ihn für neugierig hielt - sondern für mitfühlend. Das bewunderte ich, aber trotzdem reichte es noch lange nicht, dass ich ihm von mir aus erzählen würde, dass mich ein von mir angefertigtes Gemälde bedrückte. Er würde mich zwar niemals auslachen - vermutlich - doch ich war mir da nicht ganz so sicher. Ich hatte die Angewohnheit, bei einigen ernsten Angelegenheiten an irgendetwas abartig Komisches zu denken, was zwar selten vorkam, aber doch oft genug, damit manche Leute mich als unsensibel und gemein abstempelten.
Immer noch sah ich Aiden fragend an.

"Ja, los gehts," antwortete ich Zoë auf ihre Frage. Warscheinlich hoffte sie immer noch mich abschütteln zu können. Aber das war, wenn ich mir Sorgen um jemanden der mir etwas bedeutete nicht so einfach. Da ich sonst selbst keine Ruhe mehr fand und ein schlechtes Gewissen hatte. Wenn ich nicht wusste das ich alles getan hatte, was in meiner Macht stand um demjenigen zu helfen oder wenigstens die Sorgen von den Schultern zu nehmen. Zudem es jetzt zusätzlich auch nicht unbedingt heller und ungefährlicher wurde. Da konnte selbst ein harmloser Spaziergang um den See zu einer gefährlichen Sache werden.

Irgendwie war ich froh darum, dass er mitkommen würde. Andererseits - nein. Es gab einfach einige Dinge, Probleme, mit denen man selber zurechtkommen musste. Und dieses Problem, das ich hatte - niemand konnte mir dabei wirklich helfen. Ich wusste ja nicht einmal, was mit mir los war. Nein, Aiden konnte nicht helfen. Nicht im Entferntesten. Es war zwar süss, dass er es versuchen würde - aber nein. Ich musste selber dahinterkommen, was mit mir los war.
Ich setzte mich in Bewegung und sah mich um. In einigen Hütten brannte noch Licht - vermutlich waren die Athenekinder noch immer damit beschäftigt, zu lesen. In der Hütte von Ares hörte man lautes, wütendes Geschrei. Ich musste lächeln. Es war komisch, dass wir so sehr nach unseren göttlichen Elternteilen kamen, und andererseits so wenig von unseren sterblichen Eltern erbten.

Ich folgte Zoë auf ihrem Weg zwischen den Hütten hin durch. Es war eine klarer Abend und die Sonne war schon so gut wie hinter den Hügeln hinter dem Camp verschwunden. Apollo musste ja schließlich seinen Weg um die Welt fortsetzen. Ich stellte es mir teilweise etwas langweilig vor, immer und immer wieder den gleichen Weg um die Welt zufahren und das jeden Tag bis ans Ende der Welt. Am Himmel konnte man über den Wipfeln der Bäume schon die Sichel von Artemis Mondwagen sehen, der seine silbernen Strahlen auf die Welt warf. Die Luft war leicht kühl und an sich eigentlich sehr angenehm, nicht zu warm und auch nicht zu kalt. Wobei ich im allgemeinen nicht so schnell fror, da musste es schon sehr kalt werden das es mir zu kalt war und ich mir mehr als eine Swetshirt Jacke über zog. Wenn ich ehrlich war besahs ich nicht mal eine richtig dicke Winterjacke.

Der Wind begann, stärker zu wehen. Schützend hielt ich mir die Hände vors Gesicht. Ich hatte nicht gegen die Kälte - vor allem, weil sie mich nicht besonders beeinflusste, und wenn doch, konnte ich das schnell ändern - aber Wind mochte ich nicht. Ich sah zu Aiden hinüber, dem die Kälte auch nicht wirklich etwas auszumachen schien. Leider.
Nicht, dass ich wollte, dass er fror, nein. Ich versuchte nur, mir zu überlegen, wie ich ihn irgendwie abwimmeln konnte. Ich meine, natürlich würde das sowieso nicht funktionieren, aber wenn ich nur irgendeine Ablenkung für ihn finden könnte...
Natürlich gab es keine Ablenkung weit und breit. Ich seufzte, als ich zu dieser Erkenntnis gelangte und steckte meine Hände in die Jackentaschen.

Der Wind strich angenehm kühl über mein Gesicht und die Haare. Wenn es jetzt nicht langsam anfangen würde Herbst zu werden, wäre es ein echt schöner Abend. Aber so und in Anbetracht das meine Schwester etwas auf dem Herzen hatte, konnte ich den Abend nicht so wirklich genießen. So folgte ich Zoë einfach zwischen den den Hütten hindurch. So bald wir ein bisschen gelaufen waren, wollte ich anfangen sie nach ihrem Problem zu fragen. Nur jetzt war es noch zu früh dafür. Jetzt würde sie wahrscheinlich nur abblocken und dann konnte ich es vergessen überhaupt etwas aus ihr herauszukriegen. Später wäre das wahrscheinlich auch der Fall, aber dann standen meine Chancen besser ihr helfen zu können. Jetzt wäre es wahrscheinlich am besten sie ein bisschen von ihrem Problem anzulenken, bevor ich wieder drauf zurück steuern konnte. Darum sagte ich:"Schöner Abend heute, oder was meinst du?" Hoffentlich würde meine taktik sie ein bisschen abzulenken funktionieren.

,,Hmm", erwiderte ich ein emotionslos.,,Nicht wirklich. Es ist viel zu windig." Für einen kurzen Moment war ich von meiner eigenen Stimme überrascht. Ich klang so unfassbar... verändert. Ich klang beinahe wie ein anderer Mensch. Erschrocken stellte ich fest, dass das das letzte war, das ich wollte. Vielleicht sollte ich Aiden erklären, was mich bedrückte. Aber andererseits - nein. Nein, es belastete schon mich. Es sollte nicht noch meine Freunde, meine Familie, und vor allem nicht auch noch Aiden belasten. Er sollte glücklich sein, denn er verdiente es. Ich hingegen - naja...ich sollte meine eigenen Probleme und Gefühle in den Krieg kriegen, und zwar dringenst. Bevor etwas noch Schlimmeres geschehen würde, als nur eine seltsame Zeichnung.

"Meinst du?" fragte ich Zoë, "ich finds gerade angenehm. Auch durch den Wind." Ihre Stimme klang etwas emotionslos, wie als wenn jemand anders sprechen würde. Sie schien selbst etwas geschockt darüber ihrer Reagion darauf nachzuschließen. Ich überging das einfach, es für sie nicht unbedingt besser werden würde, wenn ich jetzt lang und breit darauf einging und es noch schlimmer machte. Darum ging ich einfach näher zu ihr um bei bedarf den Arm um sie legen zu können. Während dessen liefen wir weiter den Weg Richtung See entlang.

Ich hatte einen ziemlich kranken Einfall, wie ich ihn mir vom Leib schaffen könnte:
Da wir gerade am See vorbeiliefen, in dem die Najaden wohnten, wäre es bestimmt kein Problem, diese als kurze Ablenkung einzusetzen. Während er dann von ihnen hypnotisiert wurde, hätte ich mehr als genug Zeit, um abzuhauen.
Ensetzt schüttelte ich meinen Kopf. Was hatte ich da nur für Gedanken? Das war ja furchtbar. Mit einem Ohr hörte ich zu, dass er das Wetter angenehm fand. Als er näher zu mir rückte, schloss ich daraus, dass er mich ganz bestimmt festhalten würde, wenn ich versuchen würde, wegzurennen. Ja, das würde er.

Sie schien sehr in Gedanken zu sein. Da sie mir gar nicht wirklich zu hörte. Das merkte ich daran das Zoë überhaupt nicht auf meine Frage reagierte und auch ein ansonsten sehr nachdenkliches Gesicht machte. Wie als wenn sie überlegen würde. Über was, keine Ahnung. Aber ich vermutete mal, das ihre Gedanken sich nur um zwei Dinge drehen könnten. Entweder wie sie mich irgendwie abschütteln könnte oder um ihr Problem. Weshalb es ebenfalls ganz gut war, das ich näher zu ihr gegangen war. Den weglaufen lassen würde ich sie auf keinen Fall. Den davon würde ihr Problem auch nicht weg gehen bzw. sich lösen lassen. Darum wartete ich noch ein paar Minuten ab, bis wir ein gutes Stück Weges hinter uns gebracht hatten, bis ich damit begann sie erneut zu fragen:"Zoë, was bitte ist los mit dir? Ich sehe doch das dich etwas beschäftigt. Und komm mir jetzt nicht mit nichts oder das muss ich selbst lösen. Davon wird es auch nicht besser. Eher im Gegenteil." Ich hatte vorhin schon gemerkt, das wenn ich versuchen würde ihr Dinge von mir zu erzählen und sie darüber zum reden zu bringen, würde nichts bringen. Dafür hatte sie zu wenig reagiert. Darum ging ich jetzt zum frontal Angriff über. Hoffentlich würde es etwas nutzen. Vorallem da ich sie bei ihrem Namen angesprochen hatte, was wirklich nicht oft vor kam. Da ich es im allgemeinen vermied Leute direkt mit ihrem Namen anzusprechen. Ich verwendete Namen eigentlich immer nur dann, wenn ich mit jemand anderem über jemanden redete oder etwas erzählte.

,,Es ist nichts", sagte ich.,,Glaub mir doch einfach. Ein einziges Mal. Bitte." Ich meinte es ernst. Ich wollte nicht, dass er sich einmischte. Er sollte sich nicht für meine Probleme interessieren, sondern sich um sich selber kümmern. Ich hasste es, wenn ich andere Leute um HIlfe bitten musste. Ich kam meistens ziemlich gut alleine klar, und nur wegen eines zugegebenermassen speziellen Bildes würde sich das nicht ändern.
Als er mich bei meinem Namen nannte, zuckte ich zusammen. Er hatte meinen Namen bisher nur drei Mal ausgesprochen - maximal. Das war ziemlich wenig, im Vergleich dazu, wie lange wir uns schon kannten. Das machte mir klar, dass er es ernst meinte. Ziemlich ernst.
Aber das änderte nicht das Geringste. Ich würde ihm nichts erzählen - das konnte er vergessen.,,Ich wollte nur spazieren gehen."

Zoë versuchte es weiter mit beschwichtigen und leugnen. Allerdings kannte ich sie dafür zu gut. Sie hatte sich dafür vorhin schon zu auffällig benommen und auch im allgemeinen zu wenig auf mich reagiert. Mist, irgendwie musste ich sie dazu kriegen sie aus der Reserve zu locken. Nur das einzige Problem war, mir gingen langsam ein bisschen die Ideen aus wie ich Zoë dazu kriegen könnte. "Ich glaube dir immer, wenn du die Wahrheit sprichst. Aber wenn du etwas leugnest kann ich dir leider einfach nicht glauben. Vorallem, wenn ich es merke das du nicht die Wahrheit sagst oder versuchst von dir anzulenken," antwortete ich dann ernst auf ihre Aussage. Ein bisschen verletzte es mich schon, das sie von wenisgtens ein einziges mal sprach. Als ob ich ihr sonst nie glauben würde. Was definitv nicht der Fall war.