Dunkelheit, zerrissen von Blitzlichtern in allen möglichen Farben.
Parties. Eigentlich gar nichts für mich. Aber manchmal verhindert eine überfordernde Party, dass ich auf Dummheiten komme. Dummheiten, wie sie ein dummer Junge tut, ein Junge, der noch kein Mann ist.
Ich seufze und lehne mich gegen die Wand, die Cola in der Hand. Klar, Chiron hat es eigentlich verboten. Ein Halbgott unter Koffeineinfluss macht Ärger. Und darauf kann er gut verzichten.
Aber heute machen ich keinen Unsinn.
Ich lasse den Blick schweifen. Die Massen von Menschen wogen umher, stoßen sich an und schubsen sich herum. Das ist ein schlimmeres Gedränge als in einer U-Bahn. Und ich bin eigentlich nicht gerne unter Menschen.
"Ey, Alter!", brüllt jemand direkt neben mir. Aber das Gebrüll gilt nicht mir.
Unauffällig rücke ich etwas ab und stoße mich von der Wand ab. Zielsicher laufe ich Richtung Theke und meide die Menschen.

Ich sitze an der Bar, in der Hand einen Drink. Es ist wie immer abends: Mein Aufenthaltsort war die Disco. Tanzen, trinken und flirten an einem Ort - das musste man (oder in diesem Fall ich) einfach lieben.
Unauffällig liess ich meinen Blick über die Tanzfläche schweifen. Mir fiel ein Junge auf - er war ganz süss - mit honigblonden Haaren. Normalerweise nicht das, was ich suchte - aber egal.
Langsam ging ich auf ihn zu.

Ich starre den Barkeeper solange an, bis er mir ohne nachzufragen eine weitere Cola in die Hand drückt. Mit einem Nicken wende ich mich ab und lehne mich gegen den Tresen, obwohl es um mich herum voll ist, dass ich eigentlich alle zwei Sekunden wenigstens angestoßen werde. Aber ich bleibe stur.
Mein Blick wandernd beobachtend über die Tanzfläche. Discos sind nicht mein Ding. Ich tanze lieber für mich allein. Das sieht dann vermutlich ähnlich aus, wie bei den meisten Kerlen hier, aber ich muss mich nicht in Grund und Boden schämen, dass das alle gesehen haben.
Ein Mädchen erregt meine Aufmerksamkeit durch ihre Art zu gehen. Mehr nicht.
Interessiert blicke ich ihm hinterher, während es ohne jede Unterschwelligkeit einen Typen ansteuert. Es könnte mir egal sein, aber da der Rest Leute hier am Tanzen ist oder es wenigstens versucht, beobachte ich das Mädchen und ihr Ziel.

Er drehte sich um und sah mich an. Ich lächelte ihm süss zu und zwinkerte. Sofort war er mir verfallen. Mühsam unterdrückte ich ein Grinsen. Der Abend war gerettet.
Langsam kam er nun auf mich zu.
,,Hi"; hauchte er.
Ich lächelte.
,,Hey", antwortete ich.

Ein kleiner Teil meines Gehirns, der durch die Cola ein wenig hyperaktiv wurde, brüllte mir irgendwas von Halbblut entgegen, als ich eine merkwürdige Stimmung in der Luft wahrnahm. Doch sofort verflog der sanfte Hauch Magie oder göttliche Macht schon wieder, vertrieben durch den beißenden Geruch von Schweiß, Alkohol und Rauch.
Ein Kerl neben mir johlte undeutliche Worte und stieß mich breit grinsend an, riss dann die Arme auseinander und sah schon so aus, als wollte er wirklich kumpelhaft gegen die Brust springen. Mit einer Hand schob ich ihn weg, aus meinem Sichtfeld und widmete mich wieder der Cola.
Ich brauchte keine aufgedrehten Brüllaffen um mich herum.

,,Wie heisst du?", fragte er.
,,Alison", erwiderte ich.

Zum Glück verzog sich der Idiot wieder, murrte noch nicht einmal. Es machte mich fast ein wenig wütend, dass er sich nicht ärgerte, aber ich vergaß ihn schnell wieder, als ich mich erneut auf das Pärchen zwischen all den Leuten konzentrierte.
Der Kerl schien zu fragen, wie das Mädchen hieß, zumindest formten seine Lippen diese Worte. Mit Bedauern musste ich die Antwort auslassen, denn das Mädchen stand mit dem Rücken zu mir.

,,Jason", erwiderte der Junge.
,,Hübscher Name", lächelte ich.

Ich wusste nicht so recht, was ich mit mir anfangen sollte. Ich konnte nicht einfach so hier herumstehen und dieses Pärchen anstarren. Ich hatte Besseres zu tun. Doch dennoch verharrte ich und ließ den Blick auf der Szenerie.

,,Hast du heute was vor?", fragte er mich.
,,Nein", lächelte ich. Er lächelte zurück.

Zu interessant, wie Menschen ihr Verhalten anderen Menschen anpassen. Besonders Menschen mit einer starken Ausstrahlung und somit besonders Götter und ihre Sprösslinge beeinflussen ihre Umgebung. Manchmal sogar ohne es zu merken, manchmal sehr bewusst.
Mein Blick gleitet über das in den blitzenden Scheinwerfern schimmernde Haar des Mädchens, das mir noch immer den Rücken zudreht.