das Eingangsposting lautete :

Meine Energie war zu viel für mich. Jedenfalls fühlte es sich für mich gerade an, als würde ich vibrieren und bald auseinander platzen. Nicht zwangsläufig explodieren und dabei Strom in alle Richtungen verteilen wie eine gewaltige Blitzkugel, aber doch schon so ähnlich.
Das Training würde erst heute Abend beginnen und mit so einer Hibbligkeit war ich nicht in der Lage vernünftig zu arbeiten. Die Energie musste weg.
Also zog ich Sportklamotten über und schnappte mir meinen MP3-Player um Laufen zu gehen. Ehrlich gesagt hatte ich eigentlich mehr Lust zu lauter Musik völlig ausgeflippt zu tanzen, aber dafür brauchte ich Raum und eigentlich wollte ich dabei nicht gesehen werden, denn noch immer so, trotz der Begegnungen mit anderen Halbgöttern, die mir nicht negativ gesinnt waren, fühlte ich mich nicht dazu gehörig und wollte auch nicht zum Gesprächsthema werden, weil ich verrückt durch die Gegend tanzte.
Deshalb lief ich am See entlang und hinein in den Wald, der sich innerhalb der Grenzen des Camps befand, bis ich eine Lichtung fand, auf der ich zu meiner Musik herum hüpfen und wirbeln und tanzen konnte, ohne mich peinlich berührt zu fühlen, weil mich jemand sehen konnte.
Worin ich mich allerdings irrte? Im Gesehen werden. Aus dem Augenwinkel sah ich eine große dunkel gekleidete Gestallt und wirbelte erschrocken in die Richtung herum. Shit! Da stand jemand und er hatte die ganze peinliche Tanzaktion mitbekommen. Mist!
Also entweder tief beschämt verziehen oder die Flucht nach forne antreten. Typisch für mich? Die Flucht nach vorne.
"Hey!? Was gibts zu sehen? Irgendwas Interessantes?", wollte ich dann bemüht kess von dem Mann wissen.

Ich sehe ihn noch kurz an. Selber erstellt, sie könnte damit später wirklich mal etwas anfangen und auch viel Geld verdienen, falls ihr Geld wichtig ist. Es würden bestimmt viele Menschen solch ein Schmuckstück haben wollen. "Es sieht wirklich gut aus" sage ich dann und lächele etwas. Das Lächeln fällt mir immer noch schwer, aber ich hoffe, dass es nicht so aussieht. Denn ich übe wirklich viel, doch es geht einfach noch nicht automatisch. Irgendwann, wenn man das Lächeln verlohren hat, findet man es auch nicht so einfach wieder. Das ist wie beim Vertrauen. Doch lernen wieder zu vertrauen ist eine noch schwierigere Aufgabe und erscheint mir mittlerweile so ziemlich unmöglich.
Vorsichtig setze ich mich neben ihr, wirke aber angespannt. Ich unterhalte mich normalerweiße nun mal nicht mit Mädchen, auch wenn es einige gibt die hinter mir her sind, doch daraus mache ich mir nichts. Doch bei Casia habe ich nicht das Gefühl, als wäre sie nicht einfach nur so ein Mädchen, sondern mehr als das.
Ich lege meine Hand kurz auf das Labyrinth an meiner Kette, doch lasse es ebenfalls wieder so schnell los, wie ich es auch flüchtig angefasst habe.
Das Labyrinth. Ein sehr wichtiges Symbol für mich, war es praktisch schon immer. Ab den Moment als ich diese Kette fand, irgendwo in der tiefen Dunkelheit. Doch die Kette hat geleuchtet und seid dem trage ich sie um meinen Hals.

Ich heische nicht nach Lob, aber es freut mich doch, dass Ethan findet, dass der Ring gut aussieht. Es freut mich wirklich und mir wird ein bisschen warm. Wahrscheinlich werden auch meine Wangen ein bisschen warm deshalb. Nicht zu ändern.
Ich bringe ein verschämtes "danke" hervor, als er sich dann doch neben mich auf den Baumstamm setzt.
Ethan scheint sich nicht unbedingt wohl zu fühlen und ich weiß nicht so ganz warum. Sein Lächeln ist plötzlich angespannt und seine Haltung steif. Vielleicht liegt es an der Nähe. Vorher habe ich sehr viel weiter weg von ihm gestanden. jetzt sitze ich praktisch neben ihm. Hmm, das wollte ich damit eigentlich nicht bezwecken.
Kurz fast er sich an die Kette, die er um den Hals trägt. Der Anhänger scheint in sich verschlungen zu sein. Es ist auch ein hübsches Motiv, auch wenn ich auf den kurzen Blick nicht sagen kann, was es genau ist. ich will ihn aber auch nicht anstarren oder zu neugierig nach seiner Halskette fragen, auch wenn wir gerade bei Schmuckstücken sind und ich mein Interesse damit begründen könnte.

Ich nicke nur kurz, als sie sich heißer bedankt. Wir verfallen in einer peinlichen Stille, doch ich weiß nicht, wie ich weiter reden soll. Die Wörter sind nicht mehr da und jedes Thema das mir einfallen würde, scheint einfach in Luft zu verschwinden. Wie ein kleiner Vogel der wegfliegt, wo man ihn doch gerade erst gesehen hat und man in die Weite start, bis er verschwunden ist. Ich starre einfach nach Vorne zur Lichtung, die nun etwas dunkler wird. Die Sonne steht zwar noch relativ hoch am Himmel, aber vermutlich fängt es langsam an Abend zu werden.
Die Müdigkeit in mir ist jedoch noch versteckt, irgendwo tief unter das ausgeruhte Ich. Obwohl ich heute Nacht kaum geschlafen habe, verspüre ich die Müdigkeit nicht wirklich. Ich sehe kurz aus dem Augenwinkel rüber zu Casia. Ob ihr die Stille auch so unangenehm ist?

Ich rutsche unruhig auf dem Baumstamm hin und her, weil ich Ethan noch nicht so gut kenne, um einfach still neben ihm zu sitzen und in den Wald hinaus zu starren. Dafür bin ich sowieso nicht der Typ, aber das Schweigen ist ebenfalls unangenehm. Die Schatten zwischen den Bäumen werden langsam länger und tiefer, obwohl der Tag noch nicht bereit zu sein scheint, um abzutreten.
Ich seufze kurz.
"Ähm, war nett dich kennen zu lernen Ethan, ich werde wohl meine Runde zu Ende drehen, bevor es dunkel wird. Vielleicht sieht man sich hier ja mal wieder.", lächele ich vorsichtig in seine Richtung und stehe dann langsam auf und suche den MP3-Player aus meiner Jackentasche hervor. Ich winke dem düsteren Jungen, der sich als ziemlich nett entpuppt hat zum Abschied zu.

Ich nicke und verabschiede mich ebenfalls, aber eben nur mit einem Nicken. Wie denn auch sonst. Abschiede sind nicht so meins, ich weiß nie was ich sagen soll, oder wie ich mich berhalten soll. Meistens drehe ich mich einfach um und gehe davon, auch wenn es ziemlich unhöflich und kalt ist. Aber es ist besser kalt rüber zu kommen, als dass die Anderen meine Gefühle erkennen.
Ich stehe ebenfalls auf. Denn ich muss wieder zurück zur Hütte. Ich habe schließlich nicht aller Zeit der Welt, auch wenn es mir manchmal so vor kommt. Doch auch ich muss zum Training und den habe ich gleich. Ich erscheine zwar unregelmäßig, aber heute habe ich keine Lust mir eine Bergpredigt von Chiron anzuhören. Die kannte ich mittlerweile eh schon auswendig.
Also gehe ich langsam durch den Wald zurück zu meiner Hütte, lege meine Jacke dort ab und gehe rüber zum Training.

Meine Energie ist noch immer vorhanden, die Begegnung im Wald hat verhindert das ich sie loswerde.
Allerdings hat es mich total abgelenkt Ethan kennen zu lernen. Ich habe überhaupt keinen Plan, wie ich diesen nachdenklichen Künstlertypen sonst noch einschätzen soll. Dahinter steckt noch mehr, aber ich kann nicht so ganz sagen was.
Ich laufe die Runde jetzt so schnell ich kann fertig und ziehe mir dann zu Hause, was auch wieder schräg ist, die Hütte so zu bezeichnen, die Klamotten aus und dusche mich einmal kurz ab.
Ich will zwar nur zum Training, aber wenn es draußen statt findet und ich dort verschwitzt rumstehen muss hole ich mir den Tod. Darum lieber kurz abspülen, abtrocknen und in neue Klamotten die mehr Trainings tauglich sind, als die Laufklamotten schlüpfen und auf zum nächsten Tagesordnungspunkt.
Trotzdem ist mein Kopf voll mit Gedanken und ich bin deshalb ziemlich verpeilt.
Was wohl auch erklärt warum ich nicht gerade umsichtig gegen einen Rücken pralle, als ich bei den Trainingsplätzen ankomme. Derjenige fällt nicht hin, ich hingegen pralle von dem Rücken zurück stolpere und plumpse auf meinen Hintern. Autsch!
Mit Schmerzen im Allerwertesten blicke ich hoch und sperre dann den Mund überrascht auf... was für ein Zufall!
"Ethan?"
Ich bin gegen den düsteren Fremden gelaufen, den Künstlertypen mit den tiefgründigen Augen aus dem Wald, woahhh?!

Es sind erst wenige da und heute scheint es so zu sein, als würden auch nicht viel mehr kommen. Es ist etwas kälter Draußen als sonst, was irgendwie merkwürdig ist. Zeus wird wohl seine Gründe haben, vielleicht hat er einfach einen schlechten Tag. Den haben wir schließlich alle schon mal, nicht wahr?
Plötzlich spüre ich einen Aufprall gegen meinen Rücken und ich drehe mich verdutzt um. "Casia?" frage ich etwas unglaublich. Sie sitzt auf den Boden und scheint Schmerzen zu haben. Ich halte ihr vorsichtig meine Hand hin, damit sie sich an ihr aufziehen kann. Ich will schließlich nicht unhöflich sein und sie dort sitzen lassen. Ich wusste nicht, dass sie zum Training kommen würde, doch ich war sonst auch nie beim Training. Vielleicht würden wir ja zusammen trainieren? Kommt darauf an wem und der Trainer zuweist. Meistens hat man ein kleines bisschen was zu sagen, wenn es darüber geht mit wem man trainieren will. Aber ich trainiere meistens alleine, außer wenn es wirklich nicht anders geht und ich keine andere Wahl habe. Wie sie wohl am Liebsten trainiert?
"Alles okay?" frage ich dann nach, als sie aufgestanden ist.

Ethan bietet mir die Hand und ich ziehe mich daran hoch, bis ich wieder auf meinen eigenen Füßen stehen kann. Dann reibe ich mir so unauffällig wie möglich mein Hinterteil und schenke dem Jungen vor meiner Nase ein gequältes Lächeln.
"Sorry, manchmal bin ich einfach kopflos und renne unachtsam durch die Gegend, sorry, dass ich dich beinahe umgerannt hätte."
Wobei das unwahrscheinlich ist. Er ist ne ganze Ecke größer als ich und auch schwerer, deswegen bin ja auch ich auf dem Fußboden gelandet und nicht er.
Dann richte ich meine Aufmerksamkeit auf die Leute, die versuchen uns zu sagen, was wir machen sollen.
Ich halte mich eher selten daran und lerne diesen Kram genauso wie auf der Militärbasis nur, weil ich muss und zur Selbstverteidigung. Ich habe nicht vor freiwillig gegen Monster anzutreten, wenn ich nicht muss. Denn es ist hirnrissig und ich bin nicht gerade Selbstmord gefährdet und meistens kommt es mir bei den wenigen Informationen eher wie ein Selbstmordkomando vor, wenn sie uns dazu ausschicken.
Ich blicke zu Ethan hoch und lege dann den Kopf schief.
"Dich habe ich hier noch nie gesehen, oder bist du mir vorher noch nie aufgefallen?"
Wobei ich das bezweifele.
Ethan sieht gut aus und ich glaube kaum, dass die meisten Mädels sich nicht daran erinnern, wenn er anwesend war. Einige starren auf jeden Fall zu ihm hinüber.

Langsam werden die Partner eingeteilt, die mit einander kämpfen müssen und da wir heute doch noch ziemlich viele geworden sind, dauert es natürlich lange. Mein Name und auch der von Casia, ist immer noch nicht aufgetaucht, doch ich versuche aufmerksam zuzuhören, obwohl meine Konzentration heute nicht wirklich funktionieren will. Aber wem sag ich das. Die Meisten Halbgötter haben eine Konzentrationsschwäche.
Ich sehe kurz rüber zu Casia und lächele leise. Natürlich ist mir klar, dass sie mich nicht umrennen kann, obwohl mir der Gedanke irgendwie gefällt. Ich stelle es mir nämlich gerade bildlich vor, doch das ist nicht gerade das Einfachste. Trotzdem versuche ich es.
Ich nicke ihr zu. "Ich gehe nicht oft zum Training, wodurch ich immer eine stundenlange Predigt von Chiron bekomme...und da ich ihm gestern versprochen habe, dass ich heute komme. Nun ja, deshalb bin ich heute da." erkläre ich dann. Lieber wäre ich nicht beim Training, aber irgendwie habe ich gerade auch nicht wirklich ein Problem damit. Und kämpfen kann ich, auch wenn ich es lieber sein lasse. Denn damit kann ich andere verletzen und das will ich nicht. Obwohl es beim Training vorallem darum geht, dass man Technicken kennen lernt um sich zu verteidigen und richtig lernt, gegen Monster zu kämpfen. Es geht hier um das Überleben.
Irgendwie lässt es mich an Darvin denken. Der Stärkere überlebt. Der Satz ist nicht mal falsch, denn auch in der Götterwelt ist dies der Fall. Sogar noch stärker als in der normalen Menschenwelt.
Nun ertönt mein Name und dann der von Casia. Wir würden also gegeneinander, miteinander kämpfen. Wie sie so im Kampf ist? Ob sie schon lange kämpft? Ob ich sie verletzen würde? Oder würde sie mich womöglich verletzen?
Obwohl mir körperliche Schmerzen langsam kaum noch etwas ausmachen, bin ich nicht gerade scharf darauf. Denn dann könnte es passieren, wenn mein Shirt durchgeschnitten wird, dass sie meinen Körper sehen würde. Dass alle hier ihn sehen würden. Meinen Körper voller Narben. Narben, die ich immer versuche zu verstecken. Die meine Vergangenheit eingeprägt haben, die ich jeden Tag aufs neue sehe und erinnert werde.